Ich entwickle mich!
Was macht man, wenn der Partner sich nicht weiter entwickeln will?
Es ist normal, dass in einer Beziehung, die in einer Krise steckt, einer die Initiative ergreift und anfängt, sich zu kümmern.
Ich höre häufig von KlientInnen, dass sie mir sagen: „Ich bin nun schon so lange auf dem Weg der inneren persönlichen Weiterentwicklung und mein Partner: er verändert sich einfach nicht mit.“
Das steigert natürlich den Leidensdruck enorm.
Als ich beispielsweise anfing, meinen inneren Weg deutlich intensiver zu beschreiten, brauchte ich selber einige Zeit, bis ich mich soweit sortiert hatte, um dann vertrauensvoll mit meinem Partner darüber sprechen zu können.
Ich lud ihn konkret ein, sich meinen Weg, den ich einschlagen wollte, anzuschauen und sich einfach mal darauf einzulassen.
Ich sprach mit ihm über meine großen Befürchtungen, dass er sonst zentrale mir wichtige innere Veränderungen bei mir vielleicht irgendwann nicht mehr nachvollziehen könne, wenn wir nicht gemeinsam Formen finden, uns darüber auszutauschen.
Mein Mann ließ sich darauf ein. Er ging nicht meinen Weg, sondern fand nur deshalb, weil er damals mitgekommen ist und meine ersten Schritte mit mir gemeinsam gegangen ist, seine eigene Form, seinen eigenen inneren Weg zu finden und zu gehen.
Es ist für uns nie ein Problem gewesen, dass wir hier an völlig unterschiedlichen Stellen stehen und standen, uns auch von unterschiedlichen Richtungen der eigenen inneren Entwicklung mehr und mehr annähern.
Für mich stellt es eine große Bereicherung dar, dass er eine völlig andere Herangehensweise, Denkweise und Vorliebe hat, sich seinen Themen zu widmen. So lerne ich kennen, dass es eben auch völlig andere Möglichkeiten und Wege gibt, nämlich immer nur höchst individuelle, einzigartige.
Im Coaching ist es grundsätzlich kein Problem, wenn der Partner sagt, dass er nicht bereit ist, an einer persönlichen Weiterentwicklung teil zu nehmen. Er wird indirekt ohnehin eingebunden, ob er will oder nicht.
Er nimmt also immer an den Veränderungsprozessen teil über die Impulse, die ich im Coaching mitgebe.
Einer geht voran, der andere zieht nach.
So die Regel.
Denn wenn der Partner sieht, dass es einem selber durch das Coaching deutlich besser geht, merkt er ja auch, dass es in der Beziehung plötzlich deutlich entspannter läuft.
Und das erhöht die Bereitschaft, sich dann ab einem bestimmten Punkt vielleicht doch aktiv einzubringen. Ob es dann dasselbe Coaching ist, sei dahin gestellt. Manchmal macht es Sinn, manchmal ist es Unsinn.
Wichtig nur für heute:
Wenn der Partner blockiert, nicht will, dann kann es bedeuten, dass es für ihn ein sehr sensibles Thema ist und er Mauern um sich herum aufbauen muss, um sich zu schützen.
Männer sind in der Regel mit sehr seltsam anmutenden Sprüchen aufgewachsen:
Ein Indianer kennt keinen Schmerz
– das ist nur einer von sehr vielen erzieherischen Katastrophen, mit denen im letzten Jahrhundert den Menschen reihenweise seelisch sehr geschadet worden sind.
Die Chefideologinnen und Pädagoginnen der Nazi- Zeit haben da leider ganze Arbeit geleistet, sogar noch bis in die sechziger Jahre hinein.
Gefühle werden und wurden weg gedrückt, die Angst, sie nicht mehr unter Kontrolle zu bekommen oder zu haben ist für Viele eine Katastrophe.
Was kann man da machen?
- Die Zeitungleichheit akzeptieren.
Jeder hat seine eigene Zeit und sein eigenes Tempo, ob und in welchem Maß man welches Thema für sich näher aufbereiten und klären möchte. - Der Leidensdruck wird individuell völlig unterschiedlich erlebt.
Somit ist die Priorität und Relevanz anders verteilt. - Wer meint, der Partner tritt auf der Stelle, möge diesen Gedankensatz überprüfen.
Es ist meiner Meinung nach einer von vielen Mindfucks, die einen selbst total blockieren können. Und das ist etwas, bei dem man bei sich selber gut hin schauen und für sich selbst Klarheit rein bekommen kann. - Der eigene Leidensdruck,
der mit der Gesamtsituation verbunden ist, kann Thema eines Coachings sein. - Spielregeln lernen
Man kann die Spielregeln einer glücklichen Beziehung für sich erlernen und kultivieren.
Dazu gehört, sich emotional vom Partner insoweit abzukoppeln, als man ihn in seiner vollen alleinigen Verantwortung belässt. Denn jeder ist zu 100 Prozent für das eigene Wohlbefinden zuständig. Alles andere macht krank und ist Überforderung wenn nicht sogar Übergriffigkeit. - Miteinander sprechen
Man kann mit dem Partner darüber sprechen, dass man die Ansicht hat, der Partner trete nur auf der Stelle. Einfach mal hören, was der Partner dazu sagt. So ein Gespräch kann natürlich in einem Coaching wunderbar vorbereitet sein. - Selbstbetrachtung
Man kümmert sich weiterhin gut um sich selbst und beobachtet sich genau, um heraus zu finden, ob dieser eine Punkt, der einen stört, so gravierend ist, dass die Beziehung als Ganzes in Frage steht. Oder ob es genügend Dinge gibt, die der Beziehung Gefühl und Substanz geben. - Bewegung durch Gespräche
Ich bin mir absolut sicher, dass man in einem wertschätzenden Gespräch mit dem Partner Bewegung rein bringen kann. Wenn man Ich- Botschaften aussendet, davon spricht ,wie man die Situation erlebt und die Weigerung, sich aktiv weiter zu entwickeln, sich Hilfe zu holen, Lösungen für ein bestimmtes Problem zu finden und so weiter. - Verinnerlichen
Nicht alles funktioniert auf Verhaltensebene. Manchmal tun die Partner dann etwas und bemühen sich intensiv um eine Verhaltensveränderung. Doch wenn sie nicht in ihrem Innersten Kern absolut davon überzeugt sind, dass sie es wirklich wollen und wenn sie nicht absolut den Sinn dahinter sehen, verfallen sie in der Regel nach 14 Tagen allerspätestens in die alten Muster und Lethargien. - Klar sehen und klar reden
Und reden wir mal nicht um den heißen Brei herum:
Beziehung leben:
Das bedeutet zu 100 Prozent Eigenverantwortung. Für jeden von beiden!
Und dies kann Thema sein. Wie Eigenverantwortung dann aussieht, kann man im Coaching klären. Ebenso, weshalb man vielleicht nicht in der Lage ist, jetzt gerade ein bestimmtes Thema anzuschauen. Alles hat nun mal seine Zeit. Und ohne Druck verändern wir uns ungerne.
Insoweit macht es ab einem bestimmten Punkt auch keinen Sinn, sprichwörtlich auf Godot zu warten. Denn manchmal bleibt eben auch alles, wie es ist, wenn man nichts ändert.
Und dann muss man sich fragen: will ich diese Beziehung überhaupt noch? Oder will ich sie nur so, wie sie jetzt ist, nicht mehr weiter haben? Spätestens diese Frage bringt gesunde Bewegung hinein.
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